Ein Bund der Sorben



Um diese Sage verstehen zu können muss man weit ausholen, denn die Ereignisse, die dieser Sage vorausgingen, erinnern schon ein wenig an die verwirrenden und verflochtenen Handlungen der Erfolgsfernsehserie "Game of Thrones".

Den Bund der Sorben gehen der schon bekannte Derwan, Anführer des slawischen Stammes der Sorben und Samo, Anführer einer Vereinigung vieler slawischer Stämmen ein. Samo wurde laut der frühmittelalterlichen Fredegar-Chronik um 600, in dem von den Merowingern regierten Frankenreich geborenen. Als Geburtsort wird die Stadt Sens angenommen, die etwas südöstlich von Paris liegt. Er war also Franke und als Kaufmann, und wohl auch als Sklavenhändler, kam er häufig ins Land der Slawen und sprach deswegen auch die slawische Sprache sehr gut.

Als er nun wieder mal mit seinem bewaffneten Trupp im Land der Slawen unterwegs war und Waffen gegen Tuche, Honig und Sklaven tauschen wollte, brach dort gerade ein Aufstand der Slawen gegen die sie unterdrückenden Awaren los.
Die Awaren waren ein mongolisches Reitervolk, dass aus Zentralasien kommend schon 70 Jahre vorher die Südrussische Steppe besetzte und weitere 10 Jahre später, nach einem Sieg über den Frankenkönig Sigibert I., bis in die Ungarische Tiefebene vordrang. Von hier aus unternahmen die Awaren regelmäßige Kriegszüge in die benachbarten Regionen. Sie plünderten und verheerten auch mehrmals die Region der oberen Saale und das Kernland von Thüringen. Besonders stark betroffen waren die Westslawischen Stämme, die im heutigen Böhmen, Mähren und Österreich ihre Heimat gefunden hatten. Sie mussten den Awaren hohe Tribute zahlen, in ihrer Armee an vorderster Stelle dienen und sie im Winter beherbergen. Dabei ging es nicht nur um die Versorgung der Reiter und ihrer Tiere, die Awaren zwangen die slawischen Frauen Kinder mit ihnen zu zeugen. Einige der slawischen Stämme wanderten deswegen weiter nach Westen, wie wir das schon in der Sage "der Riese Derwig" gehört haben.
Als eine Belagerung der damals noch oströmischen Hauptstadt Konstantinopel misslang, verloren die Awaren ihren Ruf der Unbesiegbarkeit, woraufhin im Jahr 627 der schon beschriebene Aufstand der Slawen los brach. Der gut gerüstete Samo schloss sich mit seinen Männern dem Aufstand an und wurden durch Geschick und seine militärischen Kenntnisse schnell zum Anführer gewählt. Er konnte als Fremder die slawischen Stämme einen und besiegte so in mehreren kleineren und größeren Schlachten die Awaren. Durch diese Einigung konnte er ein großes Reich im heutigen Böhmen und Mähren errichten, welches schnell den benachbarten mächtigen Franken ein Dorn im Auge war. König der Franken war zu der Zeit Dagobert I., ein Ururenkel des berühmten König Chlodwigs, der sich als erster fränkischer König taufen ließ und so zum Christentum übertrat. König Dagobert war zu der Zeit gewillt sein Reich weiter nach Osten ausdehnen und so suchte er einen Vorwand um Samo anzugreifen. Er fand diesen, als im Jahr 631 eine Gruppe von fränkischen Kaufleuten von Slawen überfallen und getötet wurde.
<a title="By The original uploader was Flups at German Wikipedia (Transferred from de.wikipedia to Commons.) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or GPL (http://www.gnu.org/licenses/gpl.html)], via Wikimedia Commons" href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3APortrait_Roi_de_france_Dagobert_Ier.jpg"><img width="128" alt="Portrait Roi de france Dagobert Ier" src="https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/63/Portrait_Roi_de_france_Dagobert_Ier.jpg"/></a>
Protrait des fränkischen Königs
Dagobert I.

König Dagobert zog mit drei Heeren gegen das Reich Samos. Die verbündeten Langobarden zogen von Norditalien über die Alpen und fielen im Süden, genau gesagt im Gailtal in Kärnten, ein.
Aus dem heutigen Südwestern Deutschland zogen die ebenfalls verbündeten Alamannen in den Bairischen- und Böhmerwald ein und besiegten dort Samos Truppen. Das Hauptheer der Franken mit König Dagobert an der Spitze wollte in das Böhmische Becken vordringen. Wurde aber an der sagenumwobenen Burg Wogastisburg, die wahrscheinlich an der Eger lag, von Samo gestellt und in einer dreitägigen Schlacht besiegt.

Der slawische Stamm der Sorben, der sich nach 550 in der Region der oberen Saale ansiedelte, musste zu der Zeit eine jährliche Pacht an die Franken zahlen, da das Land zum fränkischen Reich gehörte. Außerdem waren die Sorben sogar mit den Franken und Thüringern verbündet. Durch den Sieg Samos über König Dagobert sagten sich die Sorben unter ihrem Anführer Dervan von den Franken los, stellten die Pachtzahlungen an die Franken ein und schlossen sich dem Reich Samos an. So, nun kommen wir zur eigentlichen Sage über den Bund der Sorben:

Náklo (vrch), Sámo
Sámo
Samo der König der Slawen, vereinigte sich im Jahr 632 auf dem Derwigsberg mit den sorbischen Bewohnern des Orlagaus und seiner Nachbargebiete gegen die Franken.
Die Heere Samos und des Sorbenfürsten Derwan zogen zuerst zur Weihe ihres Bundes zum Todenberge. Das nun vereinigte Heer folgte dann von einer Opferstätte zur anderen, überall wurden blutige Opfer gebracht, um die Gunst aller sorbischen Gottheiten zu erlangen. Dann zogen die Heere vom Orlatal ins Saaletal und rasteten im Sameichig. Am nächsten Tag zogen sie weiter auf die Höhen um den Saalestrom, wo noch andere Führer der Slawen mit ihrer Gefolgschaft zu ihren slawischen Brüdern stießen. Diese Anhöhe, auf der die verschiedenen Heeresteile aufeinander warteten, erhielten später den Namen "Hohe Warte". Da es aber ziemlich viele Berge mit diesem Namen gibt, weiß heute niemand mehr, welches nun damals der wirkliche Treffpunkt der Sorben war.
Den entscheidenden Schlag in der Schlacht führten die Mannen unter Derwan, sie errangen den vollständigen Sieg über die Franken unter König Dagobert. Doch ist auch der genaue Ort dieser gewaltigen Schlacht heute nicht mehr bekannt.


Die chronologische Abfolge kann man heute anhand von verschiedenen Dokumenten rekonstruieren:

  • 630 führte der fränkische König Dagobert einen ersten Kriegszug gegen die Slawen durch, wobei er allerdings an der oberen Saale oder an der Eger eine große Niederlage erlitt (Brückner) 
  • 631 Schlugen die vereinigten Westslawen bei Wogastisburg das Herr der Franken unter dem merowingischen König der Franken Dagobert I., dadurch fielen auch die bis dahin den Franken tributpflichtigen Sorben unter ihrem Anführer Derwan von diesen ab und schlossen sich dem Reich Samos an. (Beierlein) 
  • 632 ist das Jahr, in dem der Name "Sorben" zum ersten Male urkundlich erscheint: 
  • In diesem Jahr verbanden sich die "Sutbii" mit den Czechen und schüttelten gemeinsam unter der Führung Samos das Joch der Awaren ab (Auerbach) 
  • Im gleichen Jahr sollen sich auch die Sorben des Orlagaues und seiner benachbarten Gebiete - darunter auch des Wisentalandes - unter ihren Heerführer Derwan dem Heer Samos angeschlossen und vereint den Frankenkönig Dagobert I. besiegt haben (Drechsel nach der Pößnecker Chronik) 
  • 632, als der merowingische König Dagobert I. in der Schlacht bei Wogastisburg eine Niederlage gegen Samo erlitt, kündigten dadurch ermutigt auch die Sorben unter Derwan den Franken den Gehorsam auf. Weil sie sich diesem alleine nicht gewachsen fühlten, traten sie in einen Lehensverband mit den Böhmen, wonach es zum verlustreichen fränkisch-sorbischen Krieg kam. Derwans Todesjahr ist nicht sicher bekannt - man weiß nur, dass im Jahr 640 zwei Söhne eines verstorbenen Sorbenfürsten um dessen Nachfolge kämpften. (Joachim Hermman)

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