Eine sorbische Burganlage


Etwa hier auf der rechten Seite, aber schon vom
Wasser überstaut, lag einst die Trutzeburg.

Heute kommen wir zu einer Sage, die sehr gut die Sagen aus der Zeit der Sorben mit denen aus der Ritterzeit, die wir uns als nächstes anschauen wollen, verbindet. Es handelt sich dabei um eine Sorbenfeste bei Schloß Burgk, die schon lange vor der noch heute über der Saale thronenden Burg gestanden haben soll. Allerdings nicht oben auf dem Berg, sondern unten im Tal, direkt neben der Saale in der Nähe des ehemaligen Eisgutes und ein Stückchen vor der heutigen Eisbrücke. Hier trotzten die Sorben jedem Gegner und leisteten besonders starken Widerstand, als das fränkische Schwert und das christliche Kreuz ihnen die Freiheit nehmen wollte. Die später zerstörte Festung erhielt deshalb im Volksmund den Namen Trotzeburg. 

Hier sieht man die Eisbrücke, die ihren Namen vom Eisbachtal
hat. Der Name hat nichts mit gefrorenen Wasser zu tun, er
stammt von der alten Wassergöttin Isa, nach der viele Flüsse
und Bäche benannt wurden (z.B. die Isar, die durch München
fließt). Ganz in der Nähe befand sich die Trutzeburg.

Den Bewohnern der Umgegend war der Ort mit der Zeit unheimlich geworden. Und so erzählte man sich Geschichten von Zwergen und Nixen aus der Saale die in der Ruine ihr Unwesen trieben. Natürlich wagte sich deswegen auch kein Mensch mehr dort hin und schnell überwucherten Sträucher, Bäume und viel Dornengestrüpp die alten Mauerreste.

Aber eines Tages bahnte sich doch eine besonders hartherzige Burggräfin aus dem neuen Schloss, einen Weg hin zu der Ruine. Sie hoffte dort noch große Schätze zu finden, fand aber nichts. Nicht einmal den Rückweg und so blieb sie an diesem düsteren Ort verbannt. Seit der Zeit erzählt man sich auf Schloß Burgk die Geschichte von der weißen Frau, die hier umgeht und sich im Schloss und der Ruine sehen lasse.

Außerdem weiß man von einem Geheimgang, der von einem Zimmer im Schloss zu der Ruine führt. Am Ende des Ganges fand man wohl einst auch die Überreste der verhungerten Gräfin und genau an dieser Stelle soll sich auch die Weiße Frau besonders oft gezeigt haben.

Vom neu erbauten Holzturm kann man die ganze Gegend überblicken: Rechts befindet sich Schloß
Burg. Unten im Tal schlängelt sich das Ausgleichsbecken der Bleilochtalsperre dahin an deren
Ende sich die Staumauer Burghammer befindet. Auf der Linken Seit, wo die Bäume blühen,
befand sich einst das Eisgut und von da etwas unterhalb lag die Trutzeburg.

Die Überreste der Ruine wurden dann später beim Bau des Hochofens von Burghammer verwendet. Natürlich hat man sich dadurch auch die Zwerge in den Burghammer geholt, dort traten sie dann als die Hüttenmänchen von Burghammer in Erscheinung. Das ist allerdings schon wieder eine andere Sage, die hier später erzählt werden soll, wenn es um Heimchen, Moosmännl und Waldweibl geht.

Ein Blick von der gegenüberliegenden Saaleseite
auf Schloß Burgk.

Auch diese Sage besteht wieder aus verschieden Geschichten die hier zusammen geflossen sind. Es gibt wieder eine Burgruine mit steinernen Überresten, die den Sorben zugeschrieben wird. Und genauso wie bei der Sage vom Schlüsselstein, handelt es sich hier wohl um eine Nachfolgeburg, die aus Stein auf den Resten einer ehemaligen Sorbenfeste errichtet wurde. Aber nicht nur das deutet auf eine Befestigungsanlage der Sorben hin, auch die Lage der Burg tief im Flusstal ist ein eindeutiges Anzeichen. Denn im Gegensatz zu den Franken und später den Deutschen, die ihre Burgen hoch oben auf den Bergen bauten, haben die Sorben, wie alle Slawen, ihre Burgen sehr gern ans oder ins Wasser gebaut. Die Anwesenheit von Nixen und Zwergen in der Sage ist dabei ein Anzeichen für einen Kultplatz der Sorben, der wohl in der unmittelbaren Nähe zur Burg existiert haben muss. Wir werden später noch genauer darauf eingehen wie aus sorbischen Haus- und Regionalgöttern Nixen, Zwerge, Heimchen, Futtermännchen, Holzweibel und Moosmännel geworden sind.

Mit großer Wahrscheinlichkeit war die Trutzeburg einfach eine Vorburg oder Außenstelle von Schloß Burgk und hatte die Aufgabe das weitere Saaletal zu überwachen, schon früh vor Feinden zu warnen und den in der Nähe gelegenen Saaleübergang zu sichern und zu kontrollierten. Den Namen hat sie dabei wohl von ihrer Vorgängerburg geerbt.

Die Rückseite der Burg.

Dass diese beiden Burgen eng miteinander verbunden waren, können wir aus der Geschichte vom Geheimgang, der von Schloß Burgk zur Trutzeburg geführt haben soll, herauslesen. Solche Geschichten deuten immer auf starke Verbindung zwischen zwei befestigten Orten hin, die einst per Leuchtfeuer kommunizierten, die zum Beispiel bei Gefahr entfacht wurden. Außerdem bahnte sich die hartherzige Gräfin gerade von der neuen Burg ihren Weg zur Trutzeburg, was ein weiteres starkes Indiz für die Verbindung der beiden Burgen ist.

Die Weiße Frau ist dann zu einem viel späteren Zeitpunkt in die Sage eingefügt worden. Die ersten Erscheinungen von Weißen Frauen stammen aus dem 15. Jahrhundert. Richtig verbreitet hat sich dieser Glauben aber erst im 17 Jahrhundert, dabei wurde er Begünstigt von der aufkommenden Adelskultur der Neuzeit und von der Wundergläubigkeit in der Zeit der Gegenreformation.

Noch mal ein andere Blick auf Schloß Burgk.
Weiße Frauen waren immer Familiengespenster, die zu einer Adelsfamilie gehörten. Das Erscheinen einer Weißen Frau kündigt dabei meist den Tot eines Familienmitgliedes an. Hin und wieder kündigte sie aber auch positives an, wie etwa kommenden Nachwuchs im Haus. Meist war die Weiße Frau ein früheres Familienmitglied, was unerwartet oder durch seltsame Umstände zu Tode gekommen ist. Eine Weiße Frau gehörte im 17. Jahrhundert quasi zum guten Ton einer jeden Adelsfamilie und half einen gewissen Mythos rund um die Familie aufzubauen. Die berühmteste Weiße Frau war die der Hohenzollern. Sie ist zurückzuführen auf die in Orlamünde geborene Kunigunde von Hohenzollern. Sie erschien vor dem Tod verschiedener Preußischer Kurfürsten und Könige, so zum Beispiel am 9. Oktober 1806 dem Prinzen Louis Ferdinand von Preußen vor der Schlacht bei Saalfeld, einem Vorgeplänkel zur großen Schlacht bei Jena und Auerstedt, in der er durch einen Säbelhieb umkam.

In unserem Fall von Burgk war die Weiße Frau der Familiengeist der Reußen, die sich um Gera, Greiz, Zeulenroda, Schleiz und Lobenstein eine Herrschaft aufgebaut hatten. In dem speziellen Fall floss in den Glauben an die Weiße Frau von Burgk vermutlich der wesentlich ältere Glauben an die Saalenixe ein. Denn äußerlich tritt die Saalenixe in schwanenweißen Gewändern auf, wie wir in der Sage die Rache der Saalenixe schon erfahren haben. Außerdem wurde die Weiße Frau besonders häufig bei der alten verfallenen Trutzeburg gesehen, wo vor allem Zwerge und Nixen ihr Unwesen trieben.

Burghammer liegt seit den 1930er Jahren direkt
hinter der kleinen Staumauer vom
Ausgleichsbecken.  Zum Bau des Hammerwerkes
sind einst die Steine der Trutzeburg verwendet
worden.

Bleibt noch die Frage des Verbleibes der Trutzeburg. Die Steine der Ruine wurden, wie es in der Sage überliefert ist, tatsächlich zum Bau des Hammerwerks Burgkhammer genutzt. Das Dorf Burgkhammer wurde erstmals 1366 erwähnt und lag ursprünglich auf der rechten Seite der Saale, direkt unterhalb der Burg. 1685 wurde die Genehmigung erteilt auf der linken Seite der Saale ein neues Hammerwerk einzurichten. Der Erbauer des Hammerwerkes kaufte ebenfalls die Überreste der Trutzeburg, was urkundlich belegt ist, um die Steine der Ruine für den Bau des Hammerwerkes zu nutzen. Was es dann aber mit den Hüttenmännchen von Burgkhammer auf sich hat, behandeln wir ein anderes Mal, wenn es um Hausgeister, Futtermännchen, Waldweibl usw. geht.

Fassen wir zusammen: Auf den Resten einer ehemaligen Sorbenbefestigung wird eine kleine Burg errichtet, die als Vorburg oder Außenstelle von Schloß Burgk diente. Als diese nicht mehr benötigt wird verfällt sie und es entstehen Spukgeschichten. In diesen Geschichten kommt auch die Saalenixe vor, die dann später in den Glauben an die Weiße Frau von Burgk einfloss. Am Ende werden die Steine der Ruine noch beim Bau eines Hammerwerkes verwendet, wodurch sich der Spuk überträgt. Aus all diesen Bestandteilen entsteht die kleine aber doch sehr aufschlussreiche Sage von der sorbischen Burganlage.

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