Der Pestmann von Schleiz
Im Turm der Bergkirche befindet sich der Grabstein des Hans von Kospoth der 1575 verstorben ist. In den Legenden, die sich in der Stadt erzählt werden, wird er nur der Pestmann genannt.
Der Herr von Kospoth soll in jenem Jahr von einem Kriegszug aus Ungarn zurückgekommen sein. Kurz nach seiner Ankunft zu Hause erkrankte er und starb. Er bekam eine Beisetzung mit standesgemäßem Aufwand, auf dem Friedhof der Bergkirche. An der Beerdigung nahmen das Schleizer Regentenhaus, die Honoratioren der Stadt und ein großer Teil der Bürgerschaft teil. Am Grabe sang auch der Schülerchor der Schleizer Knabenschule ein paar Lieder zum Abschied des ehrwürdigen Verstorbenen.
Nach der Trauerfeier, beeilten sich die Knaben einen Platz auf dem Leichenwagen zu bekommen. So konnten sie recht vornehm, mit einem Vierspänner, und vor allem schnell, wieder in die Stadt gelangen.
Doch die kindliche Freude über die herrschaftliche Fahrt wandelte sich in der Nacht in eine stadtweite Trauer. Die munteren Knaben fielen nach und nach, wie die Fliegen, aufs Krankenbett und starben recht schnell. Vor ihrem Tod steckten sie noch Eltern, Geschwister und Nachbarn an, die kurz darauf der gleiche Tod ereilte. An die siebenhundert Leute fielen dieser Seuche zum Opfer.
Jener Hans von Kospoth hat also aus Ungarn die Pest eingeschleppt und sie über die Chorknaben auf die Hälfte der Stadt verteilt. In grausamer Erinnerung wurde er bald nur noch der Pestmann genannt.[1]
Die Herren von Kospoth
Das Adelsgeschlecht derer von Kospoth stammt ursprünglich aus dem Ort Kospoda, der zwei Kilometer südwestlich von Neustadt an der Orla liegt. Zum ersten Mal urkundlich erwähnt ist die Familie im Jahr 1260. Mit der Zeit erwarben man Besitzungen im Vogtland, aber auch in Schlesien, Preußen und Mecklenburg.[2] Auch in Schleiz waren die von Kopoth im 14. und 15. Jahrhundert reich begütert. In der Bergkirche besaßen sie sogar eine eigene Kapelle, die sogenannte Kospothkapelle. Es war die[3] Gruftkapelle der Herren von Kospoth.[4]Auch der Grabstein des „edlen und ehrenwerten Hans von Kospodt“ hat sich vor 150 Jahren noch im Turm befunden. Er starb am 25. Juli 1575.[5] Also genau in dem Jahr, in dem sich in Schleiz eine große Pest-Epidemie ausbreitete. Dieser fielen über 720 Menschen zum Opfer.[6] Es war der größte Einfall der Pest in Schleiz. Bei späteren Heimsuchungen von Pest und anderen Seuchen starben wesentlich weniger Menschen.
Verschieden Versionen der Sage



Es kann auch sein, das Hans von Kospoth gar nicht in Ungarn unterwegs war, denn die Seuche wütete um das Jahr 1575 vor allem in Italien, der Schweiz und den spanischen Niederlanden. In Ungarn und in Siebenbürgen war die Pest schon drei Jahre früher dran. Aber 445 Jahr später wird man das sicher nur noch sehr schwer rausfinden können.
Gerede wird zur Sage
Man kann an dieser Sage sehr schön sehen, dass sich Sagen von wahren Geschichten nicht immer deutlich abgrenzen lassen. Es gibt Kennzeichen, die eine Geschichte einer Sage zuordenbar machen, welche sind:- Die Namen der handelnden Personen sind nicht mehr bekannt.
- Die Geschichte lässt sich von der Zeit her nicht mehr genau datieren.
- Genaue Informationen der Rahmenhandlung fehlen

[1] Günter Wachter, Der Schatz unterm Stelzenbaum, Band 1 (Schleiz: Pädagogisches Kreiskabinett Schleiz, 1978), 113.
[2] „Kospoth“, in Wikipedia, 4. April 2020, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kospoth&oldid=198451321.
[3] Ludwig Bechstein, „Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Der Pestmann zu Schleiz – Wikisource“, Sammlung von Texten und Quellen, zugegriffen 7. April 2020, https://de.wikisource.org/wiki/Th%C3%BCringer_Sagenbuch._Zweiter_Band/Der_Pestmann_zu_Schleiz.
[4] Alexander Blöthner, Sagenhafte Wanderungen im Saale-Orla-Raum: Sagen und alte Geschichten, Altertümer, Kirchen, Schlösser, Archäologische Fundstätten, Alteuropäische Flurnamen, Magische Orte, Heidnische Kultverdachtsplätze 2: Band 2: Das Wisenta- und Oberland östlich der Saale mit Ziegenrück, Land der Tausend Teiche, Schleiz, Tanna, Gefell, Hirschberg (BoD – Books on Demand, 2017), 213.
[5] Blöthner, 214.
[6] „Schleiz“, in Wikipedia, 27. März 2020, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schleiz&oldid=198151655.
[7] Bechstein, „Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Der Pestmann zu Schleiz – Wikisource“.
[8] Robert Eisel und Harald Rockstuhl, Sagenbuch des Voigtlandes 1871 - 1030 Sagen aus dem Vogtland, 2., bearbeitete und ergänzte Auflage (Bad Langensalza: Rockstuhl, 2009), 155.
[9] „SAGEN.at - Der lange Mann in Hof“, zugegriffen 7. http://www.sagen.at/texte/sagen/deutschland/bayern/Franken/lange_Mann.html.
[10] „Pest“, in Wikipedia, 5. April 2020, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pest&oldid=198503363.